Buchlesung: Autorin Ulrike Siegel im Weingut Triebe

Ein Bericht vom Kreisverein Burgenlandkreis

Veranstaltung am 06.10.2020

Am 06.10.2020 trafen sich die Landfrauen des Kreisvereins Burgenland e. V. zu einer Buchlesung im Weingut Triebe. Der herbstlich dekorierte Festsaal mit seinen alten Mauern und wunderschönem Gewölbe war das perfekte Ambiente für diesen Abend, der uns in das ländliche Dorf- und Hofleben der 1960er und 1970er zurückversetzen sollte.

Wir hatten dazu die Autorin Ulrike Siegel eingeladen, die eigens dazu aus ihrer Heimat, einem kleinen Dorf in Baden-Württemberg, angereist war. Ulrike Siegel, Jahrgang 1961, wuchs auf dem elterlichen Bauernhof in Brackenheim auf und sollte ihn erst nach ihrem 30. Lebensjahr verlassen.

Verbundenheit mit der Heimat

Nach dem frühen Tod ihrer Mutter führte sie dort auch nach ihrem Schulabschluss den Bauernhof zusammen mit ihrem Vater fort und zog die drei jüngeren Schwestern mit groß. Erst danach erfüllte sie sich den Wunsch, Agrarwissenschaften zu studieren und anschließend mehrere Auslandsaufenthalte in Lateinamerika, Afrika und Indien zu absolvieren. Doch die Verbundenheit mit der Heimat führte sie immer wieder zu ihren Wurzeln zurück.

Anekdoten vom Großwerden auf dem Bauernhof

Im Gespräch mit ihren jüngeren Schwestern stellte sich heraus, dass diese sich an viele Begebenheiten aus dem Großwerden auf dem Bauernhof nicht mehr erinnerten oder diese schon nicht mehr bewusst miterlebt hatten. So war für Ulrike Siegel z. B. das Ritual des monatlichen großen Waschtages unvergessen, als in einem großen Bottich, in den immer wieder heißes Wasser nachgegossen wurde, vom frühen Morgen an bis zum späten Abend Wäsche gewaschen wurde, beginnend mit der weißen Bettwäsche und endend mit den dunklen Arbeitssachen. In ihr reifte der Wunsch, etwas über diese Zeit für künftige Generationen festzuhalten und Anekdoten des damaligen Lebens auf den Höfen, geprägt durch Erlebnisse verschiedener Landfrauen, in Geschichten zu verewigen. Dazu ermutige sie andere Bauerntöchter ihrer Generation in Süddeutschland, aus ihrem Leben zu berichten und bunte bewegende Bilder vom Alltag auf dem Bauernhof mit all seinen schönen und harten Seiten zu beschreiben. Es folgten insgesamt neun weitere Bücher mit Geschichten aus Nord- und Ostdeutschland, von Bauerntöchtern und -söhnen, Bauern und Bäuerinnen voller Erinnerungen an Begebenheiten aus ihrem Landleben. Begebenheiten, welche für das Leben stark gemacht haben. Dabei entstanden zahlreiche Freundschaften zwischen der Autorin und den Bauerntöchtern in ganz Deutschland.

Lustige, ungewöhnliche und berührende Geschichten

An diesem Oktoberabend fand im Weingut in Würchwitz keine klassische Buchlesung statt. Vielmehr berichtete Ulrike Siegel in liebenswürdig herzlicher Art von spannenden und lustigen Geschichten aus ihrer Kindheit auf dem Bauernhof, lies die Erlebnisse zahlreicher anderer Bauerntöchter einfließen und zitierte besonders lustige, ungewöhnliche und auch berührende Geschichten anderer Landfrauen, die sie als Herausgeberin in ihren Büchern zusammengetragen hatte.

Liebevolle Erinnerung an die eigene Kindheit

Da war z. B. die Geschichte mit dem „Zettel auf dem Küchentisch“, den eine Erzählerin, regelmäßig nach Schulschluss auf dem Küchentisch vorfand. Auf ihm stand, welche Arbeiten auf dem Hof oder Feld zu verrichten waren, nachdem das Mittagessen aufgewärmt und die Hausaufgaben erledigt waren. Selbstverständlich wurden an solchen Nachmittag die Hausaufgaben mit besonderer Sorgfalt erledigt, um den bäuerlichen Pflichten zu entfliehen.

Wohl jede der über 30 Landfrauen im Publikum fühlte sich in die eigene Kindheit zurückversetzt, es flammten Erinnerungen an das Leben auf dem Bauernhof auf, an anstrengende Feldarbeiten ebenso wie an gesellige gemütliche Winterabende im Kreis der Großfamilie.

Bereicherung für das Leben

Der anschließende Erfahrungsaustausch zwischen Autorin und Zuhörern zeigte, dass die damaligen Pflichten und Belastungen im Nachhinein eher als Bereicherung denn als Belastung empfunden wurden und dadurch die Kraft und Zuversicht, das eigene Leben in die Hände zu nehmen und zu gestalten, geschürt wurden. Ulrike Siegel beendete die Buchlesung mit einem Ausschnitt aus ihrem eigenen Roman „Stallschwalben“. Dort beschreibt sie im letztem Kapitel „Angesichts des Lebens“ ihre Dankbarkeit, auf dem häuslichen Bauernhof aufgewachsen zu sein, sich den unermüdlichen Fleiß und die Sparsamkeit ihrer Eltern zu eigen gemacht zu haben und mit tiefen Wurzeln ausgestattet worden zu sein, die in aller Ruhe wachsen konnten und sie auf das spätere Leben vorbereitet haben.

Mit einem Lächeln zurückgelassen

Diese Buchlesung hat uns Landfrauen im Publikum tief bewegt, nachdenklich und auch mit einem Lächeln zurückgelassen und uns alle für ein paar Stunden in unsere eigene Kindheit mit unzähligen Erinnerungen zurückversetzt. Es war ein unvergesslicher bereichernder Abend.

Den Bericht hat Landfrau Conny Lorenz geschrieben.

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